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“Ihre Briefe, lieber Serafico, sind immer eine Wonne…”

Lettere di Marie Thurn und Taxis a Rainer Maria Rilke
Segnatura: 55
Data completa: 1912 nov. 21
Descrizione: Briefwechsel: n. 135
Trascrizione: Ihre Briefe, lieber Serafico, sind immer eine Wonnetausend Dank für den letzten - auch freut es mich daß Sie mir Muth machen zu meinen Übersetzungen die mich in einemfort beschäftigen -Indessen werden Sie «La Cortigiana» erhalten haben - nur muß ich Ihnen gleich sagen daß ich den Vers «Quella che mai nessun ardor riscalda» - mit «Quella che mai nessun ardor consuma» -geändert habe - es ist genauer so, finden Sie nicht? - Also ich muß Ihnen erzählen daß ich den «Orpheus» fertig habe - d. h. so weit daß alles da ist und daß ich noch fort daran feile. Ob‘s gut ist? ou plutôt möglich? Von der 2ten Elegie ist noch immer nur der Engelhymnus - im Anfang so ziemlich da - Gestern waren die Erichs hier, und ich habe ihnen aus dem Marienleben einiges gelesen -sie waren ganz begeistert - und zwar besonders von der Présentation au temple (warum schreib ich es französisch?) die auch ich besonders liebe. - Diese Tage war ich recht ängstlich denn das Verhältniß zwischen Serbien und Österreich war recht unheimlich - Gott gebe daß sich alles beruhigt wie es heute in den Zeitungen behauptet wird. Ich fahre heute nachmittags nach Wien, und die Erichs kommen mir morgen nach, sind aber die nächsten Tage auf Gamsjagden in Wildalpen bei den Wilczeks - Ich denke ungefähr eine Woche in Wien zu bleiben - Ob Kassner schon dorten ist weiß ich nicht. Ich habe schon eine Ewigkeit nichts von ihm gehört - außer einer Karte vor wenigstens 14 Tagen. - Auch seine Übersetzung habe ich nicht - er wollte mir sie vorlesen. Wenn nicht die ewigen Aufregungen wegen dieser dummen Politik wären - so möchte ich die große Ruhe und Einsamkeit hier sehr genießen - Außer meiner «Aeroplan» thätigkeit ist noch die Bibliothek da welche zusammen gerichtet wird -das interessirt mich sehr; die Erichs kommen oft, und wir lesen ein Buch über Isabella d‘Este - da wir Ferrara Mantua etc genau kennen ist es sehr unterhaltend - nur werde ich rasend wenn ich die Beschreibungen der Bilder Statuen - Orfèvrerien etc lese wovon so wenig geblieben ist - Le grand service de table pour le mariage d‘Isabelle - en or et cristal, decoré de dauphins de griffons et de satyres - Sehen Sie das, Serafico!!! Pascha ist in Oroszvar bei den großen Jagden für den F(ranz) F(erdinand). Er erzählt mir Wunder von seiner Einrichtung in Duino - ich zittere ein wenig - die Greenham soll, cameel-artig, herumgehen, sie ist auf der Stiege gefallen und hat sich «l‘osso sacro» angeschlagen!!! Zorzato heiratet weil er es sonst vor langer Weile nicht aushalten könnte. - Niniche war krank, ist wieder am Fleck - Mein Herr und Gebieter fliegt in der ganzen Welt herum, war in Gmunden bei seiner Mutter, in Wien, heute in Prag, morgen in Pardubitz Parforcejagd - Samstag wieder Wien wo er am 25 eine große Fechtacademie in seinem Unionclub haben wird, und selber fechten wird natürlich. „Vos fils doivent se reposer“ hat mir Wolkoff höchst verständig gesagt - Lieber Serafico schreiben Sie mir bald wieder - und indessen die allerherzlichsten Grüße MT
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